SEIBUKAN – Karate-Do

Philosophie

Die Philosophie des Karate-Do



In der Tradition des Karate-Do werden die Inhalte vom Meister "Sensei" an seine Schüler "Deshi" weitergegeben. Als vermittelnde Personen können hierbei auch die älteren Schüler, die "Sempai" herangezogen werden. Im Unterschied zu unserem okzidentalen Verständnis ist es im tradotionellen Karate-Do nicht so, dass die Lehrer um die Gunst der Schüler werben, um ihre Schule aufrecht erhalten zu können. Vielmehr sind es die Schüler, die sich darum bemühen müssen, vom Meister unterrichtet zu werden. Wenn sie einen lernbereiten und hingebungsvollen Eindruck erwecken, so wird der Meister sie als ihre Schüler aufnehmen.

 

Die Schüler müssen sich anschließend im Training als sehr geduldig erweisen, da das Training hart und eintönig erscheinen kann. Doch nur der Schüler, der diese harte Zeit des Lernens hinter sich gebracht hat, ist auf dem richtigen Wege zur Meisterschaft. Dieser Weg wird maßgeblich vom Sensei bestimmt, da er es ist, der die Reife des Schülers beobachtet und an Hand von traditionellen Kriterien misst.

 

Zur Nachfolge ernennt der Sensei in der Tradition zwei seiner Schüler. Derjenige, der die fertigkeitsorientierten Anforderungen für den Sensei am besten erfüllt, ernennt er zu seinem Äußeren Schüler, dem "Soto-Deshi". Jener, welcher die geistigen Inhalte des Karate-Do perfektioniert hat, ernennt er zum "Uchi-Deshi", dem Inneren Schüler. Diese beiden Schüler sind nun berechtigt, ihrerseits Schüler zu unterrichten und die Lehre fortzutragen. Wenn man bedenkt, dass sich in diesen unterschiedlichen Zweigen die Techniken und die Philosophien des Karate-Do stets weiterentwickelt haben, lässt sich auch leichter verstehen, dass derart viele verschiedene Karate-Stile entstanden sind.

 

Meister Funakoshi Gichin hat sich jedoch gegen eine solche Ausdifferenzierung der Stilarten ausgesprochen, weshalb man auch heute bedenken sollte, dass all die verschiedenen Stile den selben Ursprung haben und sie nur in ihrer Synthese als vollkommenes Karate-Do angesehen werden können.

 

Die Lehrinhalte des traditionellen Karate- Do sind „Waza“, die Technik, „Shin“, der Geist, und „Ki“, die Energie. Sie werden im traditionellen „Dojo“, dem Übungsraum, gekleidet im weißen Anzug, dem „(Do)Gi“, gelehrt und gelernt. Im Training werden verschiedene Abwehr- und Angriffstechniken mit Armen und Beinen geübt. Während im wettkampforientierten Sportkarate Schläge und Tritte die einzigen Lösungsansätze zur Konfliktbewältigung sind, so finden sich im traditionellem Training eine weitaus größere Anzahl von Schlag-, Stoß-, Tritt-, Hebel- und Würgetechniken, die auch zur realen Selbstverteidigung genutzt werden können.

 

Berechtigter Weise wird Karate-Do im Vergleich zum Judo als kontaktlose Kampfkunst bezeichnet, was daher rührt, dass der Kontakt zum potentiellen Angreifer nicht von sich aus gesucht wird. Im Gegenteil zum Judo wird im Karate-Do versucht, aus der Distanz mit angepasstem Kraftaufwand die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Jedoch ist der Karate-Meister auch im "Ko-Waza", den Nahkampftechniken bewandt und weiß zu handeln, wenn der Angreifer die Distanz überbrückt hat.

 

Durch das Training des eisernen Willens, sich durchzusetzen, der Reaktionsschnelligkeit bei Angriffen, der Verbindung der äußeren Technik mit der inneren Kraft "Ki", dem Training von fest verankerten Ständen, die eine größtmögliche Kraftübertragung auf die Vitalpunkte "Atemi" des Gegners ermöglichen, wird der Karate-Meister zu einem starken Hindernis für jeden Angreifer. Aufgrund dieser schnellen und kurzen Antwort auf Angriffe mit Distanzwahrung ist das traditionelle Karate-Do besonders für Frauen eine geeignete Selbstverteidigung.

 

Eine der Trainingsformen ist " Kihon", welches die grundlegenden Bewegungen in deren Präzision und Schnelligkeit schult. Gleichtzeitig werden hohe Anforderungen an die Koordination und an die Ausdauer der Schüler gestellt.

 

Die zweite Trainingsform ist "Kata", welches vorgeschriebene Abfolgen von den im Kihon erlernten Techniken sind, die den Kampf gegen einen oder mehrere Gegner stilisiert darstellen. Durch die "Anwendung" der Techniken der Kata wird das Verständnis für diese geschult, da die Ideenvielfalt der Anwendungsbeispiele, das sogenannte "Bunkai", den Techniken Leben einhaucht.

 

Der dritte große Bestandteil des Trainings ist das "Kumite", in dem verschiedene Partnerübungen dem echten Kampf immer ähnlicher gestaltet werden. Die Übungen wandeln sich von zunächst kooperierenden hin zu konkurrierenden Situationen, wobei auch fortgeschrittene Schüler die kooperierenden Partnerübungen nicht unterschätzen und ungeachtet lassen sollten. Denn sie ermöglichen das Training der Etikette (z.B. Respekt vor anderen) und damit den Beweis, dass sie den Geist des Karate-Do verstanden haben.

 

Im okinawanischen Karate gab es keine Gürtel, die man erwerben konnte. Das sogenannte System der Kyu-Graduierung wurde erst von Meister Funakoshi eingeführt. Es bietet dem Schüler des modernen Karate-Do die Möglichkeit, seine Fortschritte zu beweisen und macht den langen Weg zur Meisterschaft durch kleine ersichtliche Erfolge leichter.

 

Doch sollte an dieser Stelle gesagt sein, dass es nicht dazu eingeführt wurde, damit Schüler lediglich die Erreichung des nächsten Kyu-Grades anstreben. Vielmehr sollte dem Schüler daran liegen, regelmäßig das Training zu genießen und den Weg als Ziel anzusehen. Denn seitdem Karate-Do zu den traditionellen Budokünsten zählt, denen allen der gleiche geistige Überbau dient, wird das traditionelle Karate-Do als Möglichkeit angesehen, den persönlichen (Lebens-)Weg zu beschreiten. Und dies kann für jedermann mit anderer Intention geschehen. Wenn der eine es aus gesundheitlichen Gründen betreibt, um auch im höheren Alter noch fitt und beweglich zu bleiben, macht es der andere, um sich selbstverteidigen zu können.

 

Im SEIBUKAN des WSV versuchen wir, all diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Auch wer sich ab und an mal auf Wettkämpfen mit anderen messen will, kommt bei uns auf seine Kosten. Das Training im SEIBUKAN ist gesundheitlich ausgerichtet, fordert und fördert die körperliche und geistige Fittness und dient auch der Übung von Selbstverteidigungstechniken.

 

So obliegt es jedem Schüler, jeder Schülerin, welche Inhalte er oder sie für sich aus diesem Training zieht. Wobei er oder sie jedoch darauf achten sollte, dass seine, bzw. ihre Einstellung dem Training gegenüber nicht die grundlegende Idee des Karate-Do in Frage stellt.

 

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